Im General-Anzeiger Bonn in der Ausgabe vom 30.12.2021 erschien ein sehr interessanter Bericht über eine Debatte um den Verlauf der Ahr nach der großen Flut im Juli 2021. In diesem Bericht wird ein sehr interessante Debatte angestoßen, wie der Flusslauf der Ahr zukünftig aussehen soll. Von Wissenschaftlern und Biologen wird ein naturnaher Ausbau vorgeschlagen, dies steht jedoch teilweise im Gegensatz zu den Anforderungen des Hochwasserschutzes, insbesondere in den Ortslagen der Gemeinden und Städten entlang der Ahr.
Der Administrator der Arge-Ahr Website hat dazu einen Kommentar an den General-Anzeiger geschickt mit der Bitte um Veröffentlichung.
Die Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 hat mich und viele Menschen mit seiner ungeheuren Zerstörung tief getroffen. Viele Menschen haben Ihre Angehörigen verloren oder stehen vor den Trümmern Ihrer Existenz und Ihres Zuhauses. Der Aufbau der vielen zerstörten Häuser und der Verkehrsinfrastruktur ist in vollem Gange und es ist zu hoffen, dass, mit Hilfe der Tatkraft vieler Helfer und auch der vielen Fördergelder, dies in einigen Jahren vollbracht sein wird. Das Ahrtal mit seinen charakteristischen Brücken, der vielfältigen Vegetation in Form von Büschen und Bäumen und auch dem vielerorts naturbelassenen Flusslauf mit seiner vielfältigen Flora und Fauna wird es so, wie ich es kenne, nie wieder geben.
Das Wasser der Ahr hat einen Großteil der Uferbefestigungen, die aus dem Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert stammen, weggespült und sich an vielen Stellen neue Wege gesucht und gefunden. Man kann also sagen, dass die Natur sich das Tal wieder zurückerobert hat. Auf fast allen Wiesen im Ober- und Mittellauf der Ahr, die als Überschwemmungsgebiete bei den üblichen Hochwasserständen sehr nützlich waren, wurde meterhoch Geröll angeschwemmt oder das alte Flussbett wurde wieder freigelegt. Im Zuge der Aufräumarbeiten in den Gebieten, die unbebaut waren, wurde mit dem schwersten Gerät, was man sich vorstellen kann, vieles wieder begradigt und planiert, so war neben vielen privaten Initiativen u.a. auch die Bundeswehr über Wochen mit vielen Maschinen, LKW`s und Soldaten vor Ort, hierfür möchte ich allen Beteiligten meinen ausdrücklichen Dank aussprechen. Der positive Effekt war, dass alles Schwemmgut, was nicht in die Natur gehört, sortiert und abtransportiert wurde. Danach hörte das Aufräumen nicht damit auf, sondern es wurde vielerorts die gesamte Uferlandschaft planiert und in einen gleichförmigen Zustand versetzt. Aus dem ehemals sich sanft windenden Fluss wurde ein gleichförmiger Kanal geformt und das Flussbett wurde stark verbreitert, um die Fließgeschwindigkeit des Wassers zu reduzieren, zudem wurden im Zuge dieser Baumaßnahmen auch gleich noch etliche große Bäume, die die Flut überstanden hatten, gerodet. Für mich und alle diejenigen, die das Ahrtal seit vielen Jahren kennen, bietet sich nun ein fürchterlicher Anblick, denn die Vegetation aus Erlen und Weiden, die prägend für das Ahrtal war, ist in vielen Teilen so gut wie verschwunden.
Der sich andeutende Klimawandel hat in den letzten Jahren in Deutschland im Sommer zu langen Hitzeperioden geführt und die Ahr dann temporär stark aufgeheizt. Temperaturen von über 25 Grad Celsius waren nicht selten und insbesondere der Fischbestand an Bachforellen und Äschen hat darunter stark gelitten. Durch die nun fehlende Beschattung des Gewässers durch Bäume und Sträucher wird die Erwärmung der Ahr noch beschleunigt. Ich bin mit der Ahr und dem Ahrtal seit mehr als 30 Jahren eng verbunden und als Naturfreund, Fotograf und langjährigem Fischereipächter der Ahr stelle ich mir die Frage, wie es nun mit einem der schönsten Mittelgebirgsgewässer in Deutschland weitergehen soll.
Nach vorläufigen Untersuchungen des Fischbestandes durch die SGD Nord/Koblenz und auch des Insektenvorkommens durch etliche Fachleute zeichnet sich leider ein sehr düsteres Bild ab. Der ehemals sehr gute und sich selbst reproduzierende Fischbestand hat außerordentlich gelitten. Obwohl in den meisten Referenzstrecken entlang der Ahr vom Oberlauf bis zur Mündung eine Vielzahl verschiedener Fischarten gefunden wurde, ist der Fischbestand dennoch zu über 70% verloren gegangen. Durch das in den nächsten Jahren zu erwartende sehr geringe Nahrungsangebot durch fehlende Wasserinsekten als Hauptnahrungsquelle der Fische wird sich diese Zahl noch deutlich verschlechtern.
Wie in dem Bericht vom 30.12.21 bereits erwähnt, sind die folgenden Maßnahmen kurz- oder zumindest mittelfristig unabdingbar:
– Rückbau und Renaturierung der Begradigungen unter Berücksichtigung von örtlichen Unterschieden
– Wiederaufforstung der Uferrandvegetation
– Wiederherstellung des ehemals sehr guten Fischbestandes durch öffentlich geförderte umfangreiche Besatzmaßnahmen
Ein noch zu bestimmendes Gremium aus überörtlichen Fachleuten, Behörden und Betroffenen vor Ort sollte schnellstmöglich etabliert werden. Die Arge-Ahr e.V. (www.arge-ahr.de), ein Zusammenschluss vieler Fischereipächter der Ahr, könnte mit ihren langjährigen Kenntnissen und ihrer Expertise in solch einem Gremium eine wichtige Rolle spielen.